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Erzähltradition in Sibirien

Text © Uschi Erlewein

Aktualisiert: 15. Oktober 2019


Bei den Völkern Sibiriens, von denen die meisten bis zu Beginn des 20. Jh. keine schriftlichen Überlieferungen kannten, hatte sich eine besonders reichhaltige Erzähltradition entwickelt, der eine Vielzahl von wichtigen Aufgaben zukam.

Erzählungen dienten nicht nur der Unterhaltung an langen und dunklen Winterabenden in den Jurten der Rentiernomaden, Jäger und Fischer Sibiriens. Mit ihnen wurden in oft scherzhafter Weise umfassende Weltbilder, Werte und Verhaltensweisen im Zusammenleben mit der Natur und zwischen den Mitgliedern der Gemeinschaft vermittelt. Das gab allen, vor allem Jüngeren, eine notwendige und wichtige Orientierung.

Das wohl auffälligste Element der Erzähltradition in Sibirien ist nicht nur die genaue Naturbeobachtung, die den meisten Sujets zugrunde liegt; darüber hinaus wird während des Erzählvorgangs auch bevorzugt Tierverhalten durch pantomimische Darstellungen oder durch ausgestoßene Tierlaute zum Ausdruck gebracht. Mitunter befinden sich bestimmte Erzählungen somit in einem “gleitenden” Übergang zu Tänzen und Gesängen.

Jedes Volk hat, gemäß der Besonderheiten der Natur, die es umgibt, entsprechend charakteristische Sujets entwickelt. Durch zum Teil weiträumige Wanderungsbewegungen und entsprechendem Kulturaustausch zwischen einzelnen Völkern, wanderten auch bestimmte Motive und wurden zum Teil uminterpretiert, in fremde Traditionen integriert bzw. zu komplexeren neuen Motiven umgestaltet.

Ein Beispiel hierfür bildet das für tungusische Völker charakteristische Fuchs-Motiv sowie das im gesamten nordpazifischen Küstenraum vorherrschende Rabenmotiv – und wie sich diese Motive in den Erzähltraditionen der Evenen, Korjaken und Itelmenen auf Kamtschatka in dynamischer Weise miteinander verschmolzen haben.

Danke!
Diesen Text über die Erzähltradition in Sibirien hat mir Herr Dr. Erich Kasten ( Kulturstiftung-Sibirien ) freundlicherweise für mein Programm geschrieben. Er war Kurator der Ausstellung “Schamanen Sibiriens – Magier, Mittler, Heiler” ( 13.12.2008 – 28.6.2009 ) im Linden-Museum ( staatl. Völkerkundemuseum Stuttgart ).

Das Erzählen hatte in dieser Sonderausstellung einen wichtigen Stellenwert und ich konnte dort oft Geschichten aus Sibirien und der Mongolei erzählen. Dazu stellte mir Dr. Erich Kasten etliche Schätze aus seiner Feldforschung zu Verfügung.

Für die Erlaubnis diese Geschichten neu erzählen zu dürfen, möchte ich mich bei ihm und den ewenkischen Erzählern ganz herzlich bedanken.

Blick ins Repertoire:

Die Geschichtenspielerin Uschi Erlewein spielt:

Geschichten von weit her, die nahe gehen

Wer schreibt hier:

Uschi Erlewein spielt Geschichten von weit her, die nahe gehen.
Professionelles Tourneetheater, generationsübergreifende Programme für Kinder und Erwachsene, kulturvermittelnde Erzählkunst.

Szenisch erzählte Geschichten aus und über andere Kulturen, ungewöhnliche Märchen, Mythen entführen auf eine Hör-Reise in andere Welten.