Heute ist Weltnudeltag – der richtige Anlass für ein märchenhaftes Menue mit verschiedenen Maultaschengerichten zum Essen. Eine Gruppe Vorlesepaten hat mich dafür engagiert.
So ist es: manchmal kann man auch erzählte Geschichten schmecken!
Von Herrgotts’bscheisserle und Spätzle
Ich komme ja aus dem Maultaschenland, am Spätzleäquator. Was liegt da näher, als sich mit der Leibspeise des Schwabenlandes zu beschäftigen?
Gerüchte und Legenden über die Herkunft der Herrgotts’bscheisserle gibt es ja viele.
Es wird gemunkelt , dass die Gräfin Margarete von Tirol, genannt Margarethe von Maultasch, bei einem Besuch im 14. Jahrhundert das Nudelgericht aus Kärtnen mitbrachte. Die Schwaben veränderten das Rezept und adoptierten das eingewanderte Gericht.
Weshalb der Spitzname der Gräfin “Maultasch” war, das ist nicht ganz sicher. Ob es an ihren unglücklichen Ehen und ihrer Scheidung lag? Denn damals war “Maultasche” auch die Bezeichnung für das weibliche Geschlechtsorgan. Manche beschreiben die Gräfin als ungewöhnlich schöne Frau, andere zeigen sie als abstoßend hässlich. Ich vermute, da hat wohl eine Frau nicht der Norm entsprochen und wurde deshalb so abgewertet…
Die wohl bekannteste Legende erzählt, dass ein Mönch vom Kloster Maulbronn die Maultaschen im 30-jährigen Krieg erfunden hat. Der pfiffige Schwabe versteckte das Stück Fleisch, das er gefunden hatte, in Nudelteig. So verpackt, würde wohl der Herrgott nicht sehen, dass die Mönche in der Fastenzeit nicht auf Fleisch verzichteten. Daher kommt der Spitzname Herrgotts’bscheisserle.
Ja und dann gibt es auch noch evangelische und katholische Maultaschen, die italienische Pasta, trockene und frische Nudeln, und und und …
Doch davon mehr im Erzählprogramm!
Der lange Weg der Maultaschen – mit der Nudel entlang der Seidenstrasse
Die Idee zu diesem besonderen Erzählprogramm kam mir, als ich auf Recherchenreise auf dem Dach der Welt war.
In Ladakh, Tibet, Nepal, Bhutan gibt es Momos. Das sind im Dampf gegarte Teigtaschen, häufig in der Form von kleinen Säckchen. Am liebsten war mir die schlichte Füllung mit ganz viel Petersilie und glasigen Zwiebeln. Dazu eine Schale mit Suppenbrühe. Oder als Abwechsung Momos in scharfe Chilisoße getunkt.
Schon auf meinen Reisen in die Mongolei und nach Kirgistan war mir die Vielfalt von Teigtaschen aufgefallen. Ein ideales Nahrungmittel für Nomaden, die nur 1 Kochstelle in der Jurte zur Verfügung haben und Brennmaterial sparen müssen. Bei den gefüllten Teigtaschen wird ja Füllung und Beilage auf einmal gegart und es braucht nur 1 Topf dafür. Zudem können die Teigtaschen auch kalt gegessen oder im heißen Tee aufgewärmt werden.
Es sind ja die kleinen Dinge des Alltags, die mich inspirieren. Das interessiert mich auf Reisen auch immer besonders. Gerade, wenn es keine gemeinsame Sprache gibt, ist gemeinsam kochen eine wunderbare Brücke der Kommunikation jenseits der Worte.
So kochten wir Nudelgerichte in dieser kleinen Küche in Ladakh. Wir sassen auf dem Boden, schnitten Kohl und kneteten Mehl, Wasser und Salz zu Nudelteig. Immer wieder streckte die Hauskuh ihren Kopf durchs Fenster und wartete auf Gemüseabschnitte. In solchen Momenten habe ich oft die besten Ideen:
“Ich habe ja viele Geschichten von Kulturen entlang der Seidenstrasse im Repertoire. Einige davon könnte ich verbinden mit einer kleinen Kulturgeschichte oder Reise der Nudeln.
Damit die erzählten Geschichten dem Publikum auf der Zunge vergehen, könnte es dazu verschiedene Nudelgerichte geben. Gefüllte Teigtaschen wie in Tibet oder der Mongolei. Süße Nudeln wie in Korea. Oder Piroggen, kirgisische Manti, chinesische Jiaozi, etcetera, etcetera … und schliesslich auch schwäbische Maultaschen …”
Die Nudel ist wahrlich ein globales Nahrungmittel
In Ladakh wusste ich noch nicht, dass es den Weltnudeltag überhaupt gibt.
Doch jetzt bin ich davon begeistert, die unermessliche Vielfalt der Nudeln zu entdecken.Es gibt ja nicht nur Spaghetti, Penne und italienische Pasta. Die Nudeln verbinden so viele Länder und Kulturen, von Ost nach West und West nach Ost. Nudeln werden auf vielerlei Art zubereitet, aus Weizen, Buchweizen, Hirse, Reis, Sojabohnen. Ein wahrhaft globales Lebensmittel.
Für mich als Schwäbin, ist es auch interessant zu sehen, dass bodenständige schwäbische Gerichte nahe Verwandten im fernen Osten Chinas haben.
Die Menschen waren schon immer unterwegs, haben Waren und Wissen ausgetauscht. Dabei brachten sie neue Lebensmittel und Pflanzen mit, lernten andere Speisen kennen und schätzen.
Und wo immer sie hin wanderten, was am leichtesten zu tragen war, das waren ihre Geschichten …
Am 25.Oktober ist Weltnudeltag
Mich faszinieren all diese vielen verschiedenen Formen, wie Teigtaschen geformt, gerollt, gedrückt, gepackt werden! Es gibt sie gedämpft, gekocht oder in Fett gebraten. Mit Gemüse-, Käse- oder Fleischfüllung. Süss oder salzig. Manche sind richtige Skulpturen und sehen aus wie Fische.
Auf Pinterest habe ich übrigens Fotos von verschiedensten Teigtaschen der Welt gesammelt. Das ist eine Fundgrube für Rezepte. Denn oft sind die Fotos auch mit dem entsprechenden Rezept verlinkt – einfach auf das Foto klicken und Sie kommen auf die entsprechende Website. Nudeln kann man ja nicht nur am Weltnudeltag kochen. Viel Spaß und guten Appetit!
Blick ins Repertoire:
Ein buntes Kaleidoskop für Augen, Herz und Ohren
Kraftvolle bildhafte Sprache – Märchenerzählen mal anders